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Vom Hasen und dem Igel 2.0

Ein Beitrag von Sophie Urmetzer, Andreas Pyka, Michael P. Schlaile, Kristina Bogner und Matthias Müller.

Eine kleine Geschichte vom Hasen und dem Igel und ihrem Umgang mit Krisen.

Familie Hase und Familie Igel waren schon seit vielen Jahren Nachbarn. Ihre Häuser waren umgeben von Gärten, die sie bestellten und von denen sie lebten. Beide Anwesen sahen auf den ersten Blick recht stattlich aus. Aber wenn man genauer hinsah, bröckelte an vielen Stellen schon der Putz, die Dächer hatten undichte Stellen, die teilweise nur notdürftig geflickt worden waren, und auch die Gärten schienen über die Jahre an Fruchtbarkeit verloren zu haben. Die Bedingungen der Hausbewohner waren in beiden Häusern ähnlich: Manche Zimmer waren warm und trocken und die Fenster boten denjenigen, die das Glück hatten, diese Zimmer zu bewohnen, eine wunderschöne Aussicht. Andere Zimmer waren düster, feucht und kalt und die morschen Balken, welche die Gebäude trugen, traten zum Vorschein. Sowohl bei den Hasen als auch den Igeln gab es jeweils eine Gruppe, die forderte, es müsse sich etwas Grundsätzliches ändern. Die anderen aber interessierten sich dafür überhaupt nicht und waren damit beschäftigt, über eine Verbesserung der schönen Aussicht aus ihren Zimmern in den Garten nachzudenken.

Völlig unerwartet verwüstete ein fürchterlicher Sturm beide Häuser. Die Dächer waren zerstört, die Fenster zertrümmert, die Leitungen unterbrochen. Hasen und Igel froren und hatten große Angst, wie es nun weitergehen sollte. In beiden Häusern setzten sich die Familienoberhäupter zusammen und berieten, was zu tun sei. In beiden Familien war man sich schnell einig, dass zunächst ein provisorischer Schutz bereitgestellt werden müsse. Zelte wurden aufgestellt, Feuerstellen und Brunnen gebaut. Aber wie sollte es danach weitergehen?

Praktisch mit Abschluss der Notfallmaßnahmen begann Familie Hase mit dem Wiederaufbau: Gemeinsam halfen sie, die alten Balken und Mauersteine wieder aufeinanderzusetzen, die Dachziegel wurden repariert und auf das alte Dach gelegt, die alten Fenster wurden neu verglast und zerrissene Leitungen geflickt. Nach wenigen Tagen stand das Haus wieder – und wer es sah, konnte kaum erahnen, dass es jemals so zerstört worden war. Familie Hase sah selbstüberzeugt zum Grundstück der Nachbarn hinüber, die noch immer in ihren Zelten hausten, da ihr Wiederaufbau scheinbar nicht in die Gänge kam. Einer der Hasen aber konnte das Überlegenheitsgefühl seiner Verwandten nicht teilen. Er gehörte zu denen, die vor dem Sturm schon nicht sehr glücklich waren, und wollte nicht wieder in seine feuchtkalte Kellerwohnung einziehen und einfach so weitermachen wie bisher.

Dieser Hase beschloss, die Igel zu besuchen. Diese freuten sich über den unerwarteten Besuch und luden ihn in ihr Zelt ein. Im Zelt rieb sich der Hase verwundert die Augen: Um einen großen provisorischen Tisch saßen die Igel versammelt und diskutierten heftig. An der Zeltwand hing der Bauplan eines Hauses, wie es der Hase noch nie gesehen hatte! Es sah völlig anders aus als die Häuser, die er kannte; weder so hoch noch auf den ersten Blick so prachtvoll. Und doch bot es Wärme, Trockenheit und Aussicht für alle Bewohner. Gerade wurde debattiert, welche Materialien zu verwenden seien, um dem Gebäude genügend Standfestigkeit für einen neuen Sturm zu geben. Die jungen Igel gaben zu bedenken, dass dabei auf Langlebigkeit zu achten sei. Einer drängte darauf, dass die Grundfläche des Hauses nicht zu viel Fläche einnehmen sollte, damit im Garten genügend Platz für die Beete sei. Eine alte Igelin berichtete von der katastrophalen Flut vor einigen Jahren und riet zu entsprechenden Schutzmaßnahmen. Eine andere Igelin konnte erklären, wieso im alten Haus die Balken vermodert waren und wie man das in Zukunft vermeiden könnte. Und viele andere redeten auf die Familienoberhäupter ein, worauf beim Wiederaufbau zu achten sei. Eine besonders stachelige Igelin saß an einem Ende des Tisches und unterstützte dabei, dass alle zu Wort kamen und alle Ideen und Vorschläge in den Plan mit aufgenommen wurde. Nun blickte sie den Hasen an und sprach: „Und was hast Du zu sagen?“. Da sprach der Hase: „Bis heute haben wir Hasen nicht herausgefunden, wie euer Urahn unseren Urahn damals im Rennen besiegen konnte. Jetzt aber verstehe ich es: Kooperation, kreative Ideen und Zukunftsorientierung.“ Dem Hasen wurde schmerzlich bewusst, dass seine Familie den Vorsprung durch den schnellen Wiederaufbau des alten Hauses wieder verlieren wird, wenn die Igel damit anfangen, ihren zukunftsgewandten Entwurf eines nachhaltigen und fairen Hauses umzusetzen. Besonders neidisch war er auf die Igel, die nicht mehr in den feuchtkalten Kellerwohnungen wohnen mussten.

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